Kurzfassung für Eilige:
Was für eine wundervolles Wochenende! Sensationell gute Orga, toller Startort, luxuriöser Gepäcktransport. Liebevolle und aufwändige Betreuung und Vorbereitung vom Veranstalterpaar. Außergewöhnlich verkehrsarme Strecken, allerbestes Hochsommerwetter. Würdiger Saisonabschluss und sehr zufrieden mit mir und meiner Leistung - in Anbetracht des absolut verkorksten Radsportjahres und wenig Training ist es außergewöhnlich gut gelaufen. Yippie !

Tag 0: Anreise
Leider konnte ich auf der Strecke Frankfurt-Dresden keinen Radstellplatz mehr reservieren. Gute Gelegenheit, es mal mit der gekauften 
Decathlon Fahrradtüte zu probieren. Auflieger hatte ich für den ersten Tag eh ab, der ist schwer und das Streckenprofil sehr hügelig, da brauche ich ihn nicht unbedingt am Rad.

Platz war überhaupt kein Problem, trotzdem ließ man mich nur "ausnahmsweise" mitfahren 

Vom Bahnhof nochmal 15km mit dem Rad zum Startort, der Rennradbahn in Heidenau. Zwei entspannt biertrinkende Tschechen, die gerade noch schnell nach der Arbeit Afterwork-Ride-mäßig von Prag nach Dresden radelten (in etwas über 5 Stunden ), waren noch wach. Luftmatratze aufgeblasen und in die Turnhalle zum pennen. Da waren schon einige am schlafen und ich war nicht der einzige mit einer zwar ultraleichten, aber extrem lauten Matte. Jede Bewegung ein knarzen und quietschen. Hab dann doch noch die Ohropax geholt, so gings dann...

Tag 1: Dresden - Prag
Distanz / Höhenmeter: 221km / 3451hm (km:hm 15,6)
Gesamt: 11:57h
Standzeit: 63 Min (91% in Bewegung)
Bewegt: 20,3km/h / Gesamt: 18,5km/h

Tolles Frühstück haben uns Björn und Gabi gemacht. Wirklich cool, wie viel Arbeit sich manche Veranstalter machen!

Essen, viel Kaffee, bisschen quatschen und abhängen bis es losgeht. Temperatur absehbar bereits warm genug für kurz/kurz. Cooler Ort, die Rennradbahn.

Briefing vom Veranstalter Björn Lenhard - selbst eine absolute Ultracycling-Legende!

Start um 7:30 Uhr. Die ersten 40km geht's schon ordentlich hoch. Learning: Nicht mal versuchen, mit dem Björn mithalten zu wollen 

Kaum Verkehr, schöne Strecke, Sonne scheint, was will man mehr?!

An einem Anstieg überhole ich ein Mountainbiker-Pärchen. Später schließt er kurz vor der Kuppe zu mir auf, noch schwerer schnaufend als ich gerade und fragt in breitem Sächsisch, was wir denn da machen, ob das ein Rennen sei, weil wir ja keine Nummer hätten. Und da hab ich ihm gesagt, was genau wir da machen. Und da sagt er "Oooh" und lässt sich zurückfallen 

Leistungswerte sagen, ich überziehe komplett und ich weiß es aber ich kann grad nicht anders, ist gerade so geil, egal....

Soll über 30° werden, also lieber die Ballisto schnell aufessen...

Erster Stopp zum Wasser auffüllen an der Grenze zu Tschechien

Kontrollpunkt an einem Flugzeug-Restaurant

Ganz schön hier...

Irgendwann hat mein Wahoo * keine Karte mehr, nur noch die Route. Nicht ideal aber außerhalb von Städten geht's einigermaßen. Ein Paar unnötige Verfahrer kosten mich aber sicher insgesamt 10 Minuten...

An den Friedhöfen sollen wir kein Wasser holen, das sei nicht sicher trinkbar. Schade, irgendwann bin ich doch mal trocken gefahren. Zwei Bikinischönheiten haben mich dann über den Gartenzaun mit Wasser versorgt - nach einem Selfie zu fragen war mir aber zu peinlich...

Halfway-Point. Geschätzte 6000 Kalorien kommen hin

Überall so kleine Oltimer-Autochen die bestialisch stinken. Alles voll davon - da ist wohl aktuell ein internationales Treffen

Noch 50km - das klingt machbar. Kontrollstellen sind alle so gewählt, dass man sie eigentlich nicht verpassen kann.

Ankunft in Prag. Über die Brücke müssen wir schieben - man hätte auch nicht fahren können. Danach nochmal auf grobem Kopfsteinpflaster mit erheblichen Steigungen bis ins Ziel - das war hart und ich kanns gar nicht ab - keine Ahnung wie man Spaß an sowas haben kann...

Angemessen fertig war ich dann im Ziel - einem Imbiß im Park Ladronka... und ziemlich erstaunt, wie viele Räder da schon stehen... Naja, war trotzdem sehr zufrieden, lief besser als erwartet!

Die Partnerin von Björn (Gabi) hat mit dem Auto unser Gepäck nach Prag gebracht. Was für ein Luxus! Rad-ins-Zimmer im Vorfeld geklärt, Check-in mit Code und nach der Dusche in richtigen, nicht verschwitzten Zivilklamotten Pizza essen gegangen - mit richtigen Schuhen und Haarwachs für eine amtliche Frise 

So muss das!

Dann noch den Auflieger montiert den ich im Rucksack hatte und ab ins Bett

Tag 2: Prag - Dresden
Distanz / Höhenmeter: 201km / 2676hm (km:hm 13,3)
Gesamt: 9:38h
Standzeit: 59 Min (90% in Bewegung)
Bewegt: 23,3km/h / Gesamt: 20,9km/h

Wieder 6:00 Uhr Wecker und ab zum Frühstück. Direkt bergauf zum warm- und wach werden. Windjacke hätte es nicht gebraucht 

Von den 7days Croissants hab ich schon so viel gehört und wollte unbedingt mal eins probieren...

Start um 7:30 Uhr am alten Stadion mit Ost-Charme

Direkt kurz nach dem Start kondensiert um mich herum eine 9er-Gruppe, 5 Jungs und vier Mädels und blieb auch für die nächsten 75km zusammen. Unfassbar, wie schnell die waren! Ich musste dann den Anstiegen richtig beißen, um dran zu bleiben. Vor allem zwei haben richtig Tempo vorne gemacht, immer im Wind: Ein extrem minimalistischer, gertenschlanker Berliner, mit nix außer zwei kleinen Fläschchen und einer Mini-Lenkertasche am Rad und sonst auch keinerlei Gepäck und einer großen Frau die unglaublich viel Druck am Berg gemacht hat. Deshalb gibt's keine Fotos, sehr enge Formation, musste mich konzentrieren. Auflieger kam natürlich nicht zum Einsatz in der Gruppe  . Aber ich habe da so einen Schnitt-Puffer aufgebaut, in den ich mich dann den Rest des Tages reinfressen konnte ("eat into it").

Dann zerfasert die Gruppe an einer Kontrolle. Geschlechtergetrennte Pipistops, einkaufen etc. - das schnelle Mädel steigt bei einer noch schnelleren Gruppe in den Zug und entschwindet nach vorne, so auch der minimalistische Berliner. Ab hier bin ich alleine unterwegs, treffe zwar immer mal wieder andere, aber es entsteht keine Zusammenfahrt mehr.

Durch 19/20 Straßensperrungen kann man problemlos durch. Hier auch, aber ich Volldepp hätte da ruhig langsamer machen können. Jetzt noch ein Kratzer im Schaltwerk mehr, naja... selbst schuld!

Halfwaypoint

Insgesamt so typische Mittelgebirgslandschaft. Wellig-Hügelig - hätte jetzt auch Rhön oder Vogelsberg oder Wetterau sein können... Landschaftlich unbeeindruckend aber super zum Radfahren. Hier half mir die Wattanzeige doch deutlich: Immer wenn ich das Gefühl hatte, es geht nix weiter, ich bin so lahm, hab einen Einbruch konnte ich mich Rückversichern, dass die getretene Leitung absolut okay ist und es eben unkontrollierbare Umstände sind, warum es grad nicht rollt.

Sonne brennt inzwischen echt brutal runter. Der Höhepunkt der Tages, vor dem alle großen Respekt hatten die ortskundig waren, lauert schon: "Der Krupka" Muaaahhhhaahaaa (sinisteres Lachen)

Der Einstieg war unfassbar hart! Extrem steil durch den Ort, brennende Sonne, richtig heiß, kleinster Gang im Wiegetritt. Später im Anstieg gibt es kurze "Flachpassagen" mit nur 8% oder so, wo ich mich erholen konnte  Aber egal wie hart und lang ein Anstieg auch ist, irgendwann ist man trotzdem oben und hat es geschafft!

Danach geht es eigentlich mit zwei kleineren Gegenanstiegen nur noch wellig-flach bergab bis ins Ziel und ich kann im Auflieger nochmal ein bisschen Schnittkorrektur betreiben.

Stops gabs die letzten 50km (glaube ich) keine mehr. Bis ins Ziel Zug auf der Kette, ich wollte jetzt nix liegen lassen und im Ziel angemessen fertig vom Rad fallen und sagen können, schneller gings heute nicht, hab alles gegeben...

Gabi hat für alle gekocht, Nudeln mit Tomatensoße oder Soljanka (für die Karnivoren) und Björn hat ein Fass Kofola besorgt, mit Zapfanlage! davon sprachen alle im Vorfeld - ich kannte das nicht und hielt das für Bier und hab mich schon ein wenig gewundert. Hat sich aber als tschechische Cola herausgestellt

Auf dem Rückweg war ich im Verhältnis schneller als am Vortag unterwegs. Schon geduscht und umgezogen da zu sitzen wenn erst noch viele andere verschwitzt ankommen, hat schon was 

Fazit:
 Bin extrem zufrieden mit allem. Der schwere erste Tag lief gut und der Rückweg war einer meiner schnellsten 200er. Rückreise war noch bisschen zäh mit Zugverspätungen und 1h zugigem Aufenthalt in Leipzig. War dann erst um 3:30 Uhr Zuhause. ARA Dresden ist voll zu empfehlen, wirklich klasse organisiert. Man kann dort schlafen und duschen, vor und auch nach dem Brevet. Von Veranstalterseite unfassbar liebevoll gemacht, Strecken super ausgesucht. Aber auch sehr anspruchsvoll - flache Brevets wird man dort keine finden. Aber dafür gibt's ja andere Standorte.